Ultralockere US-Geldpolitik

Der Einstieg in den Ausstieg kommt im Herbst

•   US-Leitzinsen steigen ab dem Jahreswechsel 2022/23
•   Gute Konjunktur unterstützt geringe Risikoaufschläge für Kreditzinsen
•   Aktien bieten weiteres moderates Kurspotenzial bei steigender Volatilität

Die Wirtschaft erlebt gegenwärtig einen der stärksten Konjunkturaufschwünge der letzten Jahrzehnte, der mit einer starken Gewinnverbesserung vieler Firmen einhergeht. Die Notenbanken in den USA und später auch in Europa werden im Herbst 2021 daher verbal für 2022 einen sukzessiven Ausstieg aus der ultraexpansiven Geldpolitik vorbereiten, in dem zunächst die Anleihekäufe zurückgeführt werden. Dem dürften ab der Jahreswende 2022/2023 zunächst in den USA langsam erste kleine Zinsanhebungen folgen. Diese Meinung vertritt SALytic Invest in ihrem aktuellen Halbjahresbericht. Es sei zu erwarten, dass durch diese Entwicklung auch die Kapitalmarktzinsen in den USA und Europa bis zum Jahresende leicht ansteigen (Prognose für Zehnjährige: Bundesanleihen 0 – 0,2 %, US-Treasuries 1,8 – 2 %). Insgesamt sei auf lange Sicht mit einem historisch niedrigen Zinsniveau zu rechnen. „Die im Zuge der Pandemie massiv angestiegenen Schuldenberge zwingen die Länder zu einem langjährig negativen Realzinsniveau, bei dem sie sich zumindest langsam ohne große Einschnitte entschulden können“, sagt Dr. Wolfgang Sawazki, Vorstand von SALytic Invest.

Inflation: Arbeitsmärkte im Blickpunkt
Strukturell sei ein höheres Inflationsniveau als in den vergangenen Jahren zu erwarten. In der Eurozone werde die Inflationsrate dieses Jahr auf rund 2 % steigen. Ähnlich wie in den USA spielten Basis- und Sondereffekte eine Rolle. Insgesamt werde die Inflationsentwicklung in Europa aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit deutlich moderater als in den USA verlaufen. Entscheidend für die Geschwindigkeit der Taperingmaßnahmen in den USA – also die Reduzierung der massiven Anleihekäufe der Notenbank – sei ohnehin der Arbeitsmarkt. Kernfrage: Führt eine dortige Knappheit zu höheren Löhnen und damit zu einer Lohn-Preis-Spirale? Ein Risiko bestünde in dem Fall, dass die Notenbanken früher und entschlossener auf einen übermäßigen Inflationsanstieg reagierten, da dies den Konjunkturzyklus verkürzen würde. „Unsere Basisannahme besteht aber darin, dass ein erheblicher Teil der Inflationsentwicklung nur vorübergehender Natur ist, aber das Niveau strukturell ansteigt“, sagt Matthias Jörss, Chefvolkswirt von SALytic Invest.

Kreditmärkte: Boomende Konjunktur unterstützt niedrige Risikoaufschläge
Die Weltwirtschaft erfahre aktuell einen der dynamischsten Aufschwünge der letzten Jahrzehnte. „Große Nachholeffekte nach Öffnung der Wirtschaft im Zuge einer erfolgreichen Impfkampagne, eine in der Dimension einmalig expansive Fiskalpolitik mit zahlreichen Hilfsprogrammen sowie eine ultralockere Geldpolitik befeuern einen Konjunkturboom, der in den USA begann und nun auch in Europa seine volle Dynamik entfaltet“, sagt Matthias Jörss. Der Höhepunkt des Momentums werde im Sommer 2021 erreicht. Diese Sonderkonjunktur trage mit abnehmender Dynamik bis ins Jahr 2022 hinein, da einige Konjunkturprogramme wie der EU-Wiederaufbaufonds erst dann begännen, ihre Wirkung zu zeigen.

Die gute Konjunktur unterstütze weiterhin die geringen Risikoaufschläge für Kreditrisiken. Hier positioniere sich SALytic Invest bewusst im kurzen Laufzeitenbereich von durchschnittlich 3 bis 4 Jahren. „Im zweiten Halbjahr werden wir unseren Fokus auch darauf richten, gut gelaufene Reopening-Kandidaten und zyklische Papiere als Profiteure des starken Aufschwungs gezielt zu reduzieren“, erläutert Jens Bäder, Direktor bei SALytic Invest.

Aktien-Ausblick: Moderates Kurspotenzial bei hoher Volatilität
Insgesamt antizipiert SALytic Invest im zweiten Halbjahr den Übergang in eine volatilere Phase mit weiterem, moderatem Kurspotenzial für Aktien, jedoch auch vorübergehende Gewinnmitnahmen. „Im Rahmen der Berichterstattung der Unternehmen für das zweite Quartal erwarten wir ebenfalls positive Impulse sowie einen Hinweis auf Stärke und Dauer der konjunkturellen Erholung“, sagt Dr. Wolfgang Sawazki. Größtes Risiko für die Märkte wäre ein zu rascher Zinsanstieg, der Bewertungskorrekturen hervorrufen würde, oder eine erneute Runde von Lockdown-Maßnahmen, falls die aktuellen Impfstoffe eine zu geringe Wirkung gegen neue Virusvarianten hätten. Dann müssten die Vakzine über mehrere Monate angepasst werden.

Auf der Rohstoffseite erwartet SALytic Invest eine ausgewogene Angebots-Nachfrage-Situation beim Ölpreis und Notierungen in einer Spanne von 65 bis 75 US-Dollar pro Barrel. Besonderes Augenmerk gelte es auf die Opec und die Iranverhandlungen zu richten, die beide die Angebotsausweitungen beim Öl definierten. Der Goldpreis werde seitwärts tendieren, der US-Dollar sei im Bereich von 1,155 bis 1,235 je Euro zu erwarten. 

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