Deutschland drohen Wohlstandsverluste und Deindustrialisierung
Ukraine-Krise erfordert epochale politische und wirtschaftliche Neuordnung in Europa
- SALytic Invest erwartet hohe Inflation, restriktive Geldpolitik und Nahrungsmittelkrise ab Herbst
- Stagflationäre Tendenz in Europa: Erholung nach COVID-Krise gebremst, obwohl der Staat durch schuldenfinanzierte Hilfen soziale Härten abfedert
- Worst Case: „Deutschland und Osteuropa fallen in eine industrielle Rezession und die politischen Risikoprämien steigen.“
- China ist der große Gewinner des Ukraine-Krieges
SALytic Invest fürchtet schwerwiegende wirtschaftliche Schäden durch die Ukraine-Krise für die Kapitalmärkte und auch für den industriellen Wirtschaftsstandort Deutschland. Dieser hat in den letzten Jahrzehnten im Sinne einer gegenseitigen Arbeitsteilung in erheblicher Form von den niedrigen Energie-, Rohstoff- und auch Lohnkosten aus Russland profitiert. Nun muss Deutschland jedoch mit erheblichen Investitionen die Beschaffungswege u.a. in Richtung Naher Osten und den USA neu ordnen, was die industrielle Produktion in Deutschland substantiell verteuern wird. Diese Neuordnung führt zu Wohlstandsverlusten und nochmals höherer Inflation, was in dieser Krise eine Heilung durch eine lockere Geldpolitik verhindert. Dies bedeutet, dass die Staaten die Veränderungen durch erhebliche Finanzhilfen sozial abfedern müssen. Zusammen mit stark erhöhten Rüstungsausgaben lässt dies die Staatsschulden auf seit dem Zweiten Weltkrieg nicht gekannte Höhen ansteigen.
Investoren, die von einem länger anhaltenden Krieg mit einem Gasimport-Embargo durch Deutschland als Worst Case Szenario ausgehen, sollten die Portfolios nach Einschätzung von Vorstand Dr. Wolfgang Sawazki gegen Kursverluste weiter absichern. „Deutschland und Osteuropa fallen dann in eine industrielle Rezession und die politischen Risikoprämien steigen.“ Dieses Szenario bedeutet hohe Wertberichtungen, enorme Kriegsschäden in der Ukraine und erhebliche Wohlstandsverluste für viele europäische Länder, darunter auch Deutschland. Auch Afrika träfe es hart, da es dort zu einer dramatischen Nahrungsmittelkrise kommen könnte.
Konjunkturelle Erholung in Europa schwächt sich ab – Verwerfungen in den Produktionsketten
Aber auch in einem Basisszenario eines Waffenstillstandes in der Ukraine in wenigen Tagen gibt es „eine Vielzahl von Kollateralschäden in unterschiedlichen Branchen und Regionen sowie eine stark sinkende Kaufkraft der Bürger“, berichtet der SALytic-Experte. „So brechen Wertschöpfungsketten in der Metall- und Automobilindustrie zusammen. Einzelne Unternehmen leiden unter hohen Abschreibungen ihrer Vermögenswerte in Russland, wie zum Beispiel Unicredit, Uniper, OMV oder BASF. Das Hedging von Öl- und Gaspreisen ist gefährdet. Russland droht als Schuldner auszufallen.“ Die Kombination aus hohen Weizenpreisen und Nitratdüngerkrise könnte im Herbst zu einer Nahrungsmittelkrise führen, befürchtet der Kapitalmarktspezialist. „Die Ukraine fällt als viertgrößter Weizenexporteur eventuell aus und die aktuelle europäische Düngemittelkrise führt aufgrund geringerer Gas-bedingter Produktion zu schlechten Ernten.“
Gerade Deutschland ist besonders exponiert und wie kein anderes Industrieland abhängig von Russland. „Ein mögliches Gas-Embargo kann sich Deutschland auf Sicht von zwei bis drei Jahren nicht leisten. Käme es auf internationalen und humanitären Druck dazu, wären die Folgen gravierend“, prognostiziert Sawazki. Zu erwarten seien dann eine noch deutlichere Wachstumsabschwächung mit hohen Wohlstandsverlusten, höheren Staatsschulden und möglicherweise auch einer Tendenz zur Deindustrialisierung, da der Standort Deutschland an Wettbewerbsfähigkeit verliert.
Eine sinkende Kaufkraft träfe auf eine gleichzeitig steigende Investitionsunsicherheit. „Trotzdem können die Notenbanken nicht unterstützend eingreifen, sondern müssen aufgrund der hohen Inflation restriktiver werden“, führt er dieses Szenario weiter aus. „Das Ergebnis ist eine stagflationäre Tendenz in Europa: Damit fällt die erwartete Nach-COVID-Konjunkturerholung in Europa schwach aus und gleichzeitig steigt die Inflation auf bis zu sieben Prozent. Die Zinsen am Geld- und Kapitalmarkt ziehen weiter an.“ China wird der große Gewinner der Ukraine-Krise sein, da es sich nach einer Neuordnung der Handelswege nachhaltig einen Zugang zu billigen Rohstoffen und Energie aus Russland verschaffen wird.
Portfolios sind vorbereitet – Sicherungen werden nun sukzessive gelöst
An den Kapitalmärkten hinterlässt der Krieg bereits deutliche Spuren: starke Kursverluste bei europäischen und osteuropäischen Aktien, Rentenmarktsegmenten wie High Yield und Wandelanleihen sowie einigen Währungen wie Ungarische Forint, Tschechische Krone oder Türkische Lira. SALytic Invest hat die Portfolios bereits entsprechend angepasst. „Wir hatten zum Höhepunkt der Krise rund ein Viertel des Aktien-Exposures abgebaut, hauptsächlich europäische Werte. Zudem haben wir Aktien mit hohem Russland-Bezug verkauft wie zum Beispiel Société Générale, OMV, BASF, Engie und Erste Bank sowie einige Anleihen“, erläutert der Portfolioexperte.
Natürlich gebe es auch ein Positivszenario: Sollte es in wenigen Tagen zu einem raschen Kriegsende durch einen Waffenstillstand kommen, rechnet SALytic Invest nicht mit einer Unterbrechung der Gas- und Rohstofflieferungen. „Dann sollten sich die Kapitalmärkte zu etwa 70 Prozent von den Einschlägen erholen. Eine höhere politische und energiebezogene Risikoprämie bleibt jedoch erhalten und insbesondere in den energie- und rohstoffintensiven Bereichen beginnt eine substanzielle Neuorientierung.“ Im Portfolio würden die Sicherungspositionen dann wieder vollständig aufgelöst. Zudem hat SALytic Invest in den letzten Tagen die sehr hohe Volatilität teuer verkauft und mit „Bottom Fishing“ bei Nachkrisengewinnern wie Deutsche Börse, St. Gobain oder Bayer begonnen.
Generell gelte aber: „Es fällt schwer, die Gedanken von Putin zu prognostizieren. Unserer Ansicht nach besitzt jedoch das Positivszenario eine höhere Wahrscheinlichkeit“, weist Dr. Wolfgang Sawazki auf die bleibende Unsicherheit hin. Im Worst Case Szenario mit einem langwierigen Kriegsgeschehen und unterbrochenen Energielieferungen würde SALytic die Sicherungspositionen in US-Dollar und Gold weiter ausbauen und Investments in andere Regionen wie die USA, Großbritannien und Brasilien verlagern.
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