EZB-Zinsentscheid: Wenig überraschend und definitiv notwendig

Kommentar von Chefvolkswirt Matthias Jörss zum Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB):

„Die heutige Entscheidung der Europäischen Zentralbank, die Zinsen um 75 Basispunkte anzuheben, war gut vorbereitet und damit für die Märkte wenig überraschend. Die EZB hatte auch kaum eine andere Wahl. Wichtig ist, dass die Notenbank auch weitere kräftige Zinsanhebungen für die kommenden Monate signalisiert. Wir rechnen mit einem Einlagensatz von 1,75 Prozent zum Jahresende. Dies wird zwar keinen schnell senkenden Effekt auf die Inflation haben, zeigt jedoch – wenn auch viel zu spät – dass man Zweitrundeneffekte bekämpfen will, obwohl sich eine Rezession im Euroraum klar abzeichnet. Wir sind geneigt zu sagen „Wer zu spät kommt den bestraft das Leben“, denn je später eine Notenbank gegen Inflationsrisiken vorgeht, desto tiefer wird die Rezession. In diesem Fall hatte die EZB sicher auch zusätzliches Pech, da der Ukraine-Krieg zu dramatisch steigenden Rohstoffpreisen geführt hat, was die Inflation noch einmal zusätzlich befeuerte. Jedoch war das viel zu lange Festhalten am Commitment, die Zinsen so lange niedrig zu halten wie es die Inflationsprognose für die kommenden Jahre erlaubt, ein schwerer Fehler. Die Prognosefehler dürften u.E. auch dazu geführt haben, dass diejenigen, die diese Politik propagierten, innerhalb der EZB an Bedeutung verloren haben. Damit müssen die Kapitalmärkte jedoch auch mit nochmals deutlich höheren Zinsen und einer größeren Unsicherheit leben, was sich negativ auf die Attraktivität von Aktien und Renten auswirkt.“

Ansprechpartner

Jens Bäder

Jens
Bäder

Neukunden
Fondsresearch

+49 711
25 27 79 15

Frank Kemper

Frank
Kemper

Neukunden
Digitalisierung

+49 221
99 57 30 77 55

Der Aufbau der Aktienrente ist ein Meilenstein

Vorstand Dr. Wolfgang Sawazki in Cash Online (01.09.2022)

Die Aktienrente ist ein wichtiger strategischer Meilenstein zur Stärkung der kapitalgedeckten Altersvorsorge, dessen Einführung trotz der aktuellen drastischen finanziellen Mehrbelastungen aufgrund des Ukraine-Krieges nicht weiter verzögert werden sollte 

Finanzminister Christian Lindner drängt auf die Einführung der schon seit Jahren geplanten Aktienrente noch in diesem Jahr – und trotz der aktuell angespannten Finanzlage bei Bürger*innen und der öffentlichen Hand ist dieser Schritt richtig und kann vor dem Hintergrund der demographischen Zwänge in Deutschland ein zentraler Meilenstein der zukünftigen Altersvorsorge werden. In einem ersten Schritt möchte die Ampel-Koalition zehn Milliarden Euro aus Steuergeldern als Anschubfinanzierung in die Aktienrente fließen lassen. Darüber hinaus empfiehlt der unabhängige wissenschaftliche Beirat des Bundesministeriums für Finanzen, jährlich weitere zehn Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt in den Kapitalstock des Fonds einzubringen. 

Aufgrund der anstehenden Rezession und der drastischen finanziellen Belastungen aus der Ukraine-/Energiekrise droht dieses Vorhaben jedoch in den Hintergrund zu rücken. Vor dem Hintergrund etwa stark steigender Rüstungsausgaben und der teuren Subventionierung von Gas und Strom muss sichergestellt werden, dass die Versicherten mit den Beitragszahlungen nicht überfordert werden, was die Akzeptanz der Aktienrente ausgerechnet in der Startphase negativ beeinflussen würde. Zudem müsste die Anfangsfinanzierung vom Staatshaushalt übernommen werden, solange die Zinsen noch vergleichsweise niedrig sind.

Viele Belastungen für Arbeitnehmer zur selben Zeit

Nicht nur für den Staat, sondern auch für die Versicherten bedeutet die Aktienrente zunächst einmal eine finanzielle Mehrbelastung. Der Beirat des Bundesministeriums für Finanzen schlägt ein Modell nach schwedischem Vorbild vor: Der Rentenfonds soll von einer unabhängigen, öffentlich-rechtlichen Institution professionell verwaltet werden und an den globalen Kapitalmärkten anlegen. Arbeitnehmer wären verpflichtet, 2,5 Prozent ihres Gehalts zusätzlich zu den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung in die kapitalgedeckte Altersversorgung einzuzahlen. Bei einer Inflation von aktuell rund acht Prozent stellt dies jedoch für viele eine erhebliche Mehrbelastung dar, insbesondere da die seit dem Ukraine-Krieg stark gestiegenen Gas- und Strompreise erst mit zeitlicher Verzögerung bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommen und vielen unteren Einkommensschichten daher jeglicher finanzieller Handlungsspielraum genommen wird. Eine finanzielle Überforderung vor allem von Beziehern kleinerer und mittlerer Einkommen durch zu viele Kostentreiber zur selben Zeit gefährdet nicht nur die breite Akzeptanz dieses sinnvollen Projektes, sondern birgt im Extremfall sogar sozialen Sprengstoff. Daher sollte der Staat bei unteren Einkommen eine Anschubfinanzierung leisten.

Klar ist: Die Idee der aktienbasierten Altersvorsorge hätte schon viel früher umgesetzt werden sollen. Zeit spielt bei der Aktienrente eine elementare Rolle, sowohl aufgrund der zu erwartenden langfristig höheren Rendite als auch aufgrund des demographischen Wandels. Im gegenwärtigen Umlagesystem der gesetzlichen Rentenversicherung müssen immer weniger junge Menschen die älteren Generationen finanzieren, was langfristig zu deutlichen Mehrbelastungen und wachsenden Rentenlücken führt. Auf lange Sicht wirkt eine Kapitalkomponente dem entgegen. Daher sollte die Aktienrente trotz der genannten Krisen jetzt zügig eingeführt werden, zumal der Einstiegszeitpunkt an den Aktienmärkten nach der Korrektur der Überbewertung nun historisch vergleichsweise günstig erscheint. Neben der Bewältigung der aktuellen epochalen Krisen dürfen strategische Aspekte von der Politik nicht aus den Augen verloren werden. Darunter hat die deutsche Politik in den letzten zwanzig Jahren in substanzieller Weise gelitten, wie die aktuelle Energiekrise und die jahrelangen Unterinvestitionen bei Militär, Bildung und Infrastruktur zeigen.

Lesen Sie den Beitrag in Cash.Online hier. 

Ansprechpartner

Jens Bäder

Jens
Bäder

Neukunden
Fondsresearch

+49 711
25 27 79 15

Frank Kemper

Frank
Kemper

Neukunden
Digitalisierung

+49 221
99 57 30 77 55